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Eine PiCam-HQ mit 13 mm Pentax-K Adapter

Eine Raspberry Pi HQ Kamera mit 12,3 MPix und Pentax-K Optik

Die dritte PiCam-Generation wird als Raspberry Pi HQ Camera bezeichnet. Die Raspberry Pi High Quality Camera mit 12,3 Megapixel unterscheidet sich signifikant von den Vorgängermodellen. Denn der aktuelle Sensor Sony IMX477 hat eine Diagonale von 7,857 mm und damit nahezu die 3-fache Fläche des Vorgängermodells IMX219 mit lediglich 8 Megapixel. Auch die für das Bildrauschen entscheidende Fläche eines einzelnen Sensorelements ist auf 1,55µm * 1,55µm gestiegen.

Allerdings hat der zum Vergleich als blaue Zusatzspalte erfasste Sensor aus der Panasonic Lumix G9 mit Micro Four Thirds Spezifikation eine um Faktor 7,5 größere Sensorfläche und deutlich weniger Rauschen. So gesehen darf man vom IMX477 keine Wunder erwarten! Die PiCamHQ ist jedoch in der Lage so manches Smartphone in der Bildqualität zu schlagen – eine gute Optik vorausgesetzt. Die PiCam-HQ wird entweder über raspistill / raspivid oder bei Raspbian Bullseye über libcamera angesteuert. Wer die Raspberry Pi High Quality Camera im IR-Bereich einsetzen möchte, kann den blauen IR-Sperrfilter entfernen, was in der offiziellen Doku beschrieben wird – allerdings unter Verlust der Garantie.

Ein großer Vorteil des 12,3 Megapixel HQ Kameramoduls dürfte im verbreiteten C-Mount Gewinde liegen, über das nun flexibel Optiken angeschlossen werden können. Soweit man mit dem angeschraubten Objektiv bis unendlich fokussieren möchte, ist das Auflagemaß (also der Abstand zwischen der Hinterkante der Optik und dem Sensor) über einen Justierring um ein paar Millimeter verstellbar und mit einer Feststellschraube arretierbar. Da die Raspberry Pi Camera wie gehabt über ein Flachbandkabel mit dem Raspberry Pi verbunden wird, muß man sich selbst um ein Gehäuse bzw. um eine Halterung zum Einbau bemühen. Immerhin gibt es bei der PiCam-HQ ein abschraubbares Stativgewinde aus eloxiertem Aluminium.

Raspberry Pi HQ Kamera mit 12,3 MPix und C-Mount Adapter
Das HQ Kameramodul mit 12,3 Megapixel ohne Optik

Für den Weitwinkelbereich sind C-Mount Objektive (ab ca. 50 Euro) eine sehr gute Lösung. Objektive für analoge Spiegelreflexkameras und die zugehörigen Zwischenringe sind oft sehr preisgünstig erhältlich. Es gibt auch Pentax-K auf C-Mount Adapter. Nur sollte dann bedacht werden, daß das Gewinde des HQ Kameramoduls kaum dafür gedacht ist, ein schweres Teleobjektiv zu tragen. Wenn man etwas basteln kann, gibt es für den Makro- und Telebereich eine Alternative:

Die Raspberry Pi HQ Kamera bekommt ein Pentax-K Bajonett

Um das Raspberry Pi HQ Kameramodul mit Pentax-K Objektiven betreiben zu können, wird nun zuerst das Stativgewinde demontiert. Dadurch wird die Raspberry Pi HQ Kamera in einen Zwischenring passen und man bekommt zwei kleine Schrauben mit etwa 7 mm Länge. In Baumärkten bekommt man Laminat mit ca. 6 mm Dicke, das mit einer Öffnung für die PiCamHQ zu versehen ist. Die 30mm Bohrung für die PiCamHQ macht man am besten mit einem Stufenbohrer. Dann ist noch an der Oberkante ein Stück herauszufeilen. Schrauben Sie während dieser Arbeiten unbedingt den Deckel auf die PiCam. Anderenfalls würde der Sensor verstauben!

Zwischenringe für das Pentax-K Bajonett sind preiswert im Internet erhältlich. Von so einem Zwischenring mit z.B. 31mm Länge wird das kameraseitige Bajonett abgeschraubt, wodurch man 4 kleine Innengewinde als zukünftige Befestigungspunkte sieht. Vor dem Durchbohren der Laminatplatte wird nun der Zwischering so gedreht, daß der rote Punkt am Zwischenring oben liegt – so als wäre der Zwischenring mit einer SLR-Kamera verbunden. Zugleich sollte sich der IMX477 Sensor exakt mittig im Zwischenring befinden. Anschließend wird der Zwischenring für das Pentax-K Bajonett von der Rückseite her mit der schon durchbohrten Laminatplatte verschraubt, wobei man die beiden kleinen Schrauben vom Stativgewinde meist weiterverwenden kann – aber ggfs. versenken muß.

Raspberry Pi HQ Kamera auf PK adaptiert
Das HQ Kameramodul in einem Pentax-K Zwischenring

Solch ein Aufbau ist natürlich eher für Innenräume und nicht für einem beweglichen Roboter vorgesehen. Damit Blende und Entfernung später gut von oben ablesbar sind, muß der hier verwendete 31 mm Zwischenring vor dem Durchbohren der Laminatplatte richtig gedreht werden.

Pi HQ Camera: C-Mount auf Pentax-K
Die Pentax SMC 100mm Macro Optik hat einen längeren Auszug

Das hier verwendete Pentax SMC Macro (100 mm Brennweite, Lichtstärke 4,0) erwartet ein Auflagemaß von 4,546 cm. Das liegt über dem Wert, der durch den 31 mm Zwischenring zusammen mit der Dicke der Laminatplatte definiert wird. Folglich kann man in dieser Kombination bis unendlich fokussieren. Wenn Sie weiterhin C-Mount Objektive anschließen wollen, kann auch ein kürzerer, fest mit der Laminatplatte verbundener Zwischenring sinnvoll sein. So dürften sich angeschraubte C-Mount Objektive noch durch das Bajonett hindurch verstellen lassen – quasi ein Doppeladapter für das Kameramodul zum Raspberry Pi.

Und was ist mit Dynax-Objektiven ?

Sie haben kein Objektiv mit drehbarem und beschrifteten Blendenring? Bei modernen Objektiven fehlen sämtliche der früher üblichen mechanischen Übertragungselemente. So ist Sony ab 2010 immer stärker vom Dynax/A-Mount zum E-Mount Bajonett gewechselt und damit sind alle mechanischen Übertragungselemente entfallen. Obwohl es keinen Blendenring mehr gibt, öffnet sich bei Sony A-Mount Objektiven die Blende, wenn man von hinten einen Objektivdeckel ansetzt. Damit lässt sich ein billiger Objektivdeckel zu einem Adapter A-Mount auf Pentax-K umbauen. Die Blende schließt sich, wenn man die A-Mount Optik etwas herausdreht.

von C-Mount auf Pentax-K
Ein Objektivdeckel zum Sony A-Bajonett wird zum Adapter auf Pentax-K

Beim Einsetzen der A-Mount Optik besteht ein Drehwinkel von etwa 45° der am Eigenbauadapter durch einen orangefarbenen Streifen gekennzeichnet ist. Vollständig in das „Bajonett“ gedreht ist die Blende komplett offen. Wenn man nun die Optik etwas herausdreht, beginnt sich die Blende zu schließen. Bei etwa 22° ist die maximale Blende erreicht. Der mechanische Halt bleibt aber noch bestehen. Mit gewissen Einschränkungen sind also auch Objektive ohne Blendenring (auch APS-C) an der so erweiterten Raspberry Pi HQ Camera verwendbar. Das schwarze Pentax Bajonett auf dem weißen ehemaligen Objektivdeckel stammt übrigens von dem Zwischenring, der jetzt das 12,3 Megapixel Kameramodul umschließt und ist mit Acrlmasse verklebt.

Der Adapterring war ein Deckel für das Bajonett
Eine 180 mm Sony A-Mount Optik wird an das Pentax-K Bajonett adaptiert

Natürlich können Sie auch weitere Zwischenringe einsetzen, wenn Objekte mit höherem Abbildungsmaßstab fotografiert werden sollen. Das hier mit grüner Velourfolie beklebte Kunststoffbajonett ist durchaus stabil, aber nicht für sehr schwere Objektive geeignet.

Der Abbildungsmaßstab hängt nicht nur von der Brennweite sondern auch davon ab, ob das Objektiv für APS-C oder Vollformat konstruiert wurde. Die notwendige Länge des Zwischenrings (bzw. mehrerer Ringe) ergibt sich aus dem Auflagemaß:

  • CS-Mount Objektiv, Schraubgewinde,  Auflagemaß: 12,5 mm
  • C-Mount Objektiv,  Schraubgewinde,  Auflagemaß: 17,526 mm
  • Pentax-K Objektiv, Bajonett,      Auflagemaß: 45,46 mm

Durch den Einsatz  mehrerer Zwischenringe kommt man immer mehr in den Makrobereich. Zu bedenken ist natürlich, daß gegenüber Kleinbild ein enormer Zoomfaktor besteht. Weitwinkelaufnahmen sind nur mit C-Mount Objektiven möglich. Bei vorhandenem CS-Mount Objektiv verwenden Sie den der Pi Camera HQ beiliegenden Adapterring. Damit die CS-Mount bzw C-Mount Objektive mechanisch durch den PK-Zwischenring hindurchpassen ohne die Verstellung für Zoom / Blende / Entfernung zu blockieren, wurde beim Titelbild dieses Blogbeitrags ein 13 mm Pentax Zwischenring verwendet.

Zwischenringe vor der Raspberry Pi HQ Kamera
Eine Vivitar 28mm Optik und Pentax-K Zwischenringe vor der PiCamHQ

Die Laminatplatte mit dem HQ Kameramodul und einem fest montierten 13 mm Zwischenring wird nun noch zwischen zwei Aluminium L-Profilen verschraubt. Und die L-Profile gegenüber einer hinreichend langen Bodenplatte. Bei der abgebildeten Konstruktion besteht das Auflagemaß aus 6 mm für die Laminatplatte und 44 mm für die Zwischenringe. Damit wird das Auflagemaß um etwa 4,5 mm überschritten und man kann nicht bis unendlich fokussieren. Eine Holzplatte von 11 mm Dicke für die Raspberry Pi HQ Camera, ein fester 13 mm Zwischenring sowie ein abnehmbarer 21 mm Zwischenring hätten das Auflagemaß von 45,46 mm für Pentax-K besser erfüllt.

Die Raspberry Pi HQ Kamera und libcamera als Software

Inzwischen hat die Raspberry Pi Foundation raspistill und raspivid durch libcamera ersetzt. In den Skripts zum Buch wird deshalb abgefragt, welches Programm vorhanden ist. Immerhin bietet libcamera eine Messung der Schärfe an, was nun mit ein paar Makroaufnahmen getestet wird.

Focus Messung mit der Raspberry Pi HQ Kamera
Schärfekontrolle über libcamera-hello (rechts Bildausschnitt "20Euro")

Die Raspberry Pi HQ Kamera bzw. der IMX477 Sensor liefert eine Auflösung von 4056×3040 Pixel. Das Foto von einem 20€ Geldschein ist mit einem Vivitar 28mm Weitwinkelobjektiv (Lichtstärke 2,8) bei einem Abstand von 26cm zum Objektiv entstanden. (Dies ist zugleich der maximale mögliche Abstand, da das Auflagemaß überschritten ist.) Die Focus-Messung mit libcamera führt hier zu einem maximalen Wert von  31537 (Kopfzeile) der hier bei Blende 5,6 entsteht. Der Streifen rechts ist ein Bildausschnitt und die roten Kreise zeigen, was das Raspberry Pi HQ Kameramodul kann.

libcamera-hello nutzt %focus um die Bildschärfe auszugeben
Messung der Bildschärfe bzw. der Fokussierung über libcamera-hello

Über das beim Pi OS Bullseye schon vorinstallierte Softwarepaket libcamera kann die Güte der Fokussierung gemessen werden. Soweit die Software zum Buch auf dem aktuellsten Stand ist, können Sie dazu das Skript fotomenu.sh über ein Desktop-Icon starten und in der ASCII-GUI die „Focus-Messung“ ansteuern. Alle Bilder dieser Webseite, die „Focus-Messung“ im Titel haben, wurden mit 1488 Pixel Breite als Screenshot aufgenommen (vgl. Zeile in der ASCII-GUI) und dann um eine Zusatzspalte von 430 Pixel Breite ergänzt.

Die manuelle Entfernungseinstellung am Objektiv erfolgt zunächst bei voll geöffneter Blende. Dann blenden Sie ab, bis die Focus-Messung einen Maximalwert erreicht. Dafür haben Sie 160 sec Zeit, was dem Parameter -t 160000 entspricht. (Wenn das nicht ausreicht, einfach nochmal starten)

Innerhalb der Software libcamera-hello wird die Kantensteilheit gemessen. Aber letztlich auch die Liniendichte. Deshalb kann auch ein Wert von unter 7000 herauskommen, wenn die Optik leicht verstaubt ist oder das Motiv einfach weniger Linien hat. Auch die Ausleuchtung spielt dabei eine erhebliche Rolle. Mit steigender Lichtintensität steigt der Kontrast und damit der Focus-Wert.

Carl Friedrich Gauß - Sony A-Mount Adapter und 2 Zwischenringe vor dem IMX477 - Kameramodul
Carl Friedrich Gauß - Sony A-Mount Adapter und 2 Zwischenringe vor dem IMX477 - Kameramodul

Das 12,3 MPix Foto über libcamera-jpeg entstand hier bei Blende 2.8 und 40 msec Belichtungszeit. Die Holzplatte, an der das IMX477 HQ Kameramodul befestigt ist, hat nun eine Dicke von 11 mm. Hinzu kommen 2 Zwischenringe zu je 13 mm sowie der A-Mount Adapter. Die Entfernung an der Sigma 70mm Makro Optik steht nahe bei unendlich, während lediglich 60 cm Abstand zum Geldschein bestehen. Die Naheinstellgrenze liegt durch die Zwischenringe bei 6 cm, was wieder mit dem 20 € Schein getestet wird:

Foto des Kameramoduls bei 6 cm Abstand von der Frontlinse der 70mm Sigma Makro-Optik
Foto des Kameramoduls bei 6 cm Abstand von der Frontlinse der 70mm Sigma Makro-Optik

Bei einem 24*36mm Vollformat-Sensor würde das Sigma 70 mm Objektiv bei 25 cm Abstand 1:1 als maximalen Maßstab erreichen. Der IMX477 Sensor hat eine Höhe von 4,712 mm.  Wenn man die grüne 2 mm Normierung auf die Bildhöhe umrechnet, ergeben sich lediglich 4,41 mm Höhe auf dem Original, was folglich zu 1,06:1 als Maßstab führt. Die Focus-Messung kommt bei diesem Bildausschnitt lediglich auf 6749 – trotzdem sieht man in der rechten oberen Ecke einen durchaus scharfen Originalausschnitt des Fotos (Basis: 4056*3040 Pixel). Die Ausleuchtung erfolgte unter ca. 15° Winkel, was die Struktur der Druckfarbe stärker hervorhebt. Bei diesem Maßstab ist eine Fokussierung durch Drehung am Objektiv nicht mehr möglich. Für derartige Makroaufnahmen wäre ein Einstellschlitten zweifellos die beste Lösung, denn die Tiefenschärfe beträgt etwa 1 mm bei voll geöffneter Blende. Mit etwas Feingefühl lassen sich Kamera und Objekt manuell so gegeneinander verschieben, daß eine Planlage entsteht.

Ihr Raspberry Pi Kameramodul funktioniert nicht? Kontaktprobleme? Vielleicht finden Sie die Lösung im Quiz

Harald Schmidt

Buchautor, Softwareentwickler, Dipl.-Ing.

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